(peterB) - Rai, was zum Teufel war das nochmal, nein, kein Waschmittel! Rai ist der Sound des Maghreb, des was? Maghreb, Nordafrika, Algerien. Rai ist die Stimme des Volkes in Algerien, die Stimme der nordafrikanischen Einwanderer in Frankreich. Rai ist Rhytmus, Rai ist Feeling. Achja, da war doch was? Ja: Cheb Mami, Khaled, die großen Hitmaschinen aus Paris. Aisha war Khaleds Hit vor wenigen Jahren und er lief die Radios rauf und runter. Also soviel zur Einführung für die Reggaegemeinde.
Und Reggae? Was hat Rai mit Reggae zu tun? Seelenverwandschaft! Wer sich mal auf Konzerte der "Großen" wie Khaled oder auch der "Kleinen" wie Orchestra National de Barbes oder Sawt el Atlas getraut hat, weiss, dass diese Seelenverwandschaft inniger ist als man bei der Distanz zwischen Jamaica und Algerien vermuten dürfte. Da wird gegrooved was das Zeug hält und Reggae-Einflüsse meint man ständig rauszuhören! Also nur eine schlechte Kopie? Nein Eigenentwicklung, denn Rai und Reggae sind historsch gesehen parallel entstanden, haben zumindest in der Entwicklungsphase keine Links untereinader gehabt. Hardware Links im Sinne gemeinsamer Alben hat es ohnehin nie gegeben. Zwei Verwandte, die nicht zueinander gefunden haben.
Da haben sich nun also zwei echte Kenner der jeweiligen Szene aufgemacht und haben diesen Link hergestellt: Martin Meissonnier, ein Fachmann auf dem Gebiet vieler afrikanischer Musikrichtungen, und Guillaume Bougard, Labelchef des in Reggaekreisen wegen seiner immer innovativen Veröffentlichungen beliebten französischen Labels Tabou 1. Und die Kompilation stellt auf höchst spannende weise diesen Link her: Der Rhytmus im Hintergrund kommt zum Beispiel von Sly and Robbie, einfühlsam werden da die richtigen Beats für den Sound gebracht, im Vordergrund immer eine Mischung aus Reggae und Rai Musikern gepaart mit den entsprechenden Stimmen. Gerade die irren Stimmen von Horace Andy, Sugar Minott oder Gregory Isaacs in Paarung mit den Arabischen Stimmen klingen einfach fantastisch. Es gibt klassische Rai-Stücke, die mit Reggae Elementen angereichert sind und Reggae Riddims, die sich dem Rai stellen. Ein echter Renner ist der Pop-Reggae-Klassiker Finger on the trigger mit Chaka Demus und dem Gesang von Chebba Warda. Superklasse auch Positive, eine Wiederbelebung eines uralten Algerischen Songs mit Horace Andy.
Ich habe lange nicht mehr so viel Hörfreude bei einem Album gehabt wie bei diesem Werk zweier genialer Produzenten. Gerade die Verbindung der verschiedenen Reggae Riddims mit den kurzen und prägnanten arabischen Beats (oder eben umgekehrt) gepaart mit tollen Stimmen der besten Sängerinnen und Sänger machen dieses kreative Album so wertvoll! Big Men, Big Music!
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Getextet im März 2002
review © Peter Beckhaus für die reggaenode
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