Sly and Robbie featuring Black Uhuru |
Konzert in der Kölner Live-Music-Hall am 6. Mai 2000
Black Uhuru mit Sly & Robbie - das gehört zusammen wie Topf und Deckel, Ackee und Saltfish oder Sinse und Milla. Das
letzte Mal konnte ich die formidable Kombination Anfang der 80er-Jahre erleben; damals noch mit Puma Jones und Michael Rose. Natürlich habe
ich mir Black Uhuru (will sagen: Duckie Simpson plus Begleitung) zwischen
zeitlich noch des Öfteren angeschaut, aber die diversen Setups hatten
nie den Hauch einer Chance gegen das Original. Wie sicher viele andere
Zuschauer auch, war ich äußerst gespannt, wie sich das "Dream
Team" zwanzig Jahre später anhören würde.
"Kommen sie nun, oder kommen sie nicht?" - diese Frage stand lange Zeit im Raum, denn die Tournee war bereits zwei Mal angekündigt und wieder verschoben worden; nichts Ungewöhnliches für den Reggae-Bereich, aber doch immer wieder irgendwie nervig. Als dann noch bekannt wurde, dass das Konzert in der Kölner Live-Music-Hall bereits um 19 Uhr beginnen sollte, weil dort Samstags traditionell ab 22 Uhr Rock-Disco angesagt ist, waren die Unkenrufe nicht mehr zu überhören. Persönlich hatte ich erwartet, dass die Mehrheit der Konzertbesucher wie üblich nach 21 Uhr aufläuft, die Musiker vielleicht mit viel gutem Willen um kurz nach Neun beginnen und dann alle sauer sind, weil eine Stunde später bereits Schluss ist. Erstaunlicherweise begann die Show jedoch schon kurz nach 19 Uhr, und das Publikum war auch bereits zu großen Teilen anwesend.
Auf die Bühne begaben sich neben Sly & Robbie noch Darryl
Thompson (Gitarre), Franklin "Bubbler" Waul (Keyboards)
und Anthony "Asher" Brissett (Keyboards). Zu Black Uhuru gehören
derzeit Duckie Simpson (klaro!), Jennifer Conally und als
Lead-Sänger Andrew Bees. Bereits nach den ersten Takten war klar: Heute
Abend geht die Post ab!
"Party" und "What is Life" dienten als Warm-Up, bevor die Band dann richtig brachial zur Sache kam. Neben einigen neuen Songs gab es vorwiegend älteres Material von den Alben "Showcase", "Sinsemilla" und "Anthem" zu hören, woran sich allerdings niemand störte. Im Gegenteil: Die bekannten "Klassiker" sorgten für euphorische Reaktionen des Publikums, zumal sich an die Songs in den meisten Fällen ein ausgedehnter Dub-Part anschloss. An dieser Stelle soll auch der Live-Sound lobend erwähnt werden, der sich nach anfänglichen Schwierigkeiten zunehmend besserte. FOH-Techniker David Rowe schien zwar gelegentlich Timing-Probleme beim Einsatz von Delays zu haben, und auch die plakativen Gated-Reverbs auf den Drums waren nicht jedermanns Sache, aber gegen Ende des Konzerts war der Sound in der Halle erstaunlich gut.
In puncto Vokal-Performance fand ich Black Uhuru recht
enttäuschend: Duckie kann immer noch nicht singen (sorry, ist halt so!),
was besonders unangenehm auffällt, wenn er einem Solo-Part übernimmt.
Jennifer Conally beschränkte bei den Backings auf einfache
Dopplungen; selbst ein ganz klitzekleiner Solo-Gesangsteil war den
Zuschauern nicht vergönnt.
Ja, ich weiß, in den 80er-Jahren war das alles genauso, aber damals hatte Black Uhuru mit Michael Rose einen charismatischen Frontmann, der nicht nur mit seiner eigenständigen Stimmführung, sondern auch mit einer dynamischen Show begeistern konnte. Dieses zugegebenermaßen schwere Erbe kann Andrew Bees nicht antreten. Der sympathische junge Sänger hat eine ausbaufähige Stimme, die streckenweise bei den alten Songs sogar an Michael Rose erinnert; in Bezug auf Ausstrahlung und Bühnenpräsenz liegen jedoch Welten zwischen Bees und Rose.
Dass mich das Konzert trotzdem begeistern konnte, lag in erster Linie an der exzellenten Band. Sly & Robbie sind nach wie vor die unangefochtene Nummer 1 in Sachen Drum & Bass, und Darryl Thompson an der Gitarre ist eine kongeniale Ergänzung. Apropos Darryl: Den guten Mann hätte ich nicht wiedererkannt. Es ist schon erstaunlich, wie sich ein Mensch in knapp zwanzig Jahren verändern kann. Sei's drum, das Spielen hat er nicht verlernt! In weiten Teilen der Show chronisch unterfordert, zeigte er gegen Ende mit einigen exzellenten Soli, was er wirklich drauf hat. Ähnliches gilt für die beiden Keyboarder, die sich auf Chops und kleine Melodielinien beschränkten. Franklin Waul konnte sich zumindest mit einem bemerkenswerten Percussion-Solo auf seiner Keyboard-Tastatur ausleben.
Die wirklichen Stars (Chefs?) des Abends waren Sly &
amp; Robbie. Sie gaben auf der Bühne den Ton an und lieferten wirklich
exzellente und lang andauernde Drum- und Bass-Parts. Es ist immer wieder
erstaunlich, mit welcher Leichtigkeit die beiden einen enormen Druck erzeugen
- "Die müssen nichts spielen und grooven trotzdem!"
meinte ein anwesender Schlagzeuger. Reduktion auf das Wesentliche ist halt
immer noch der Schlüssel; weniger ist mehr!
Nach etwas mehr als zwei Stunden verließ die Band die Bühne, um kurz darauf mit "Hey Joe" noch eine Zugabe zu spielen. Der Hendrix-Klassiker wurde in typischer Sly & Robbie-Manier interpretiert, wobei die Band zwischendurch die angestammten Reggae-Gefilde verließ und richtig losrockte. Darryl Thompson begeisterte mit einem tollen Gitarren-Solo und ließ es sich nicht nehmen, zwischendurch Zitate aus Led Zeppelins "Whole lotta Love" einzubringen. Am Ende des Songs gingen die Musiker sukzessiv von der Bühne, bis nur noch Robbie und Darryl übrig waren. Beide jammten noch ein wenig über das Riff von "Hey Joe", bis auch sie die Bühne und das restlos zufriedene Publikum verließen.
Sly & Robbie feat. Black Uhuru war für mich eines der Reggae-Highlights der letzten Jahre. Wer die Band auf der Tour nicht sehen konnte, wird der Gerüchteküche zufolge auf dem diesjährigen IRIE-Festival in Dortmund (02.09.2000) eine weitere Möglichkeit dazu erhalten. Falls das Gerücht zutrifft, gibt es nur eine Empfehlung: Hingehen!!!
Text & Fotos: Jörg Küster
Veröffentlichung nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Urhebers.
Kontakt: j.kuester (at) umoya.de - umoya.de
Weitere Bilder hat Julian in Dortmund und Köln gemacht (melodymakers.de) und einen review vom Dortmunder Konzert gibt es beim Rootsman (rootsman.com).
Black Uhuru are:
Derrick Simpson, vocals
Norman Beckford, vocals
Jennifer Conally, vocals
Sly Dunbar, drums
Robbie Shakespeare, bass
Daryl Thompson, gui
Franklin Waul, key
Anthony Brissett, key
design (c) Peter Beckhaus for the reggaenode
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